Liebe Uhrenfreunde,
mal wieder ein verklärter Blick in die Vergangenheit - aus gegebenem Anlass (dazu später mehr) :
Die erste "richtige" Uhr vergisst wohl niemand, egal ob sie nach Jahren noch am Arm ist oder zwischenzeitlich bereits Neuanschaffungen weichen musste. Bei mir ist das nicht anders, obwohl die Frage nach der wirklich ersten richtigen Uhr nicht ganz eindeutig ist: Rein chronologisch gesehen, war das bei mir eine IWC Portofino, in der ganz schlichten Variante Stahl/weiß und damals noch mit einem 38 mm Durchmesser. Allerdings war diese Uhr "nur" ein Geschenk - wobei die Schenker wohl nicht geahnt haben, was sie da langfristig auslösen ...
Denn innerhalb von sechs Monaten wurde mir klar, dass das Konzept der "einen guten Uhr fürs Leben" nicht für mich gemacht ist - obwohl ich sonst wahrlich durch und durch nüchtern und rational bin. Der Job führte mich in dieser Zeit öfters mal in ferne Lande und so entdeckte ich beim Vertrödeln nerviger Umsteigezeit auf dem Flughafen in Amsterdam den legendären "20% auf alles inkl. Tiernahrung und Rolex"-Juwelier. Beim interessierten Durchpflügen der Auslage fiel mir eine Uhr besonders auf: Die Omega Seamaster Professional 300, Ref. 2254.50 - heute besser bekannt als "Schwerty". Mir fehlte allerdings der Mut zu einem Spontankauf am Flughafen - damals war das noch ziemlich viel Geld und ich auch noch lange nicht so abgestumpft, was die Preise angeht ...
Zurück in der Heimat ließ mich die Uhr allerdings nicht los und so sprach ich dann ziemlich bald wieder beim lokalen Konzi vor. Der hatte mir auch die Portofino verkauft und entsprechend war ein gewisses preisliches Entgegenkommen zu erwarten - er hat mir dann auch ungefähr den Amsterdam-Preis gegeben, so dass ich die Uhr für 1500 Euro mitnehmen konnte. Ich war stolz wie Bolle ob meines Verhandlungsgeschicks, satte 15% ,wenn man die Preiserhöhung kurze Zeit später nahm, sogar 20% (man sieht, schon damals konnte ich mir so einiges schön rechnen ).
Und so sah das gute Stück damals aus (leider lange bevor ich eine vernünftige Kamera hatte):
Die SMP gewann vom Start weg meistens den Platz am Handgelenk, war sie doch deutlich robuster als die Portofino und durch das Stahlband auch im Sommer angenehmer zu tragen.
Noch im gleichen Jahr kam es dann aber zum nächsten Ereignis in der Kategorie "das erste Mal", allerdings deutlich unerfreulicher: Mein erster eigener Kratzer ...
Auch wenn ich die SMP fast täglich trug, war die alles andere als ein "Daily Rocker" - das war (abgesehen vom Auto) die größte mit eigenem Geld bezahlte Anschaffung meines bisherigen Lebens, entsprechend vorsichtig ging ich damit um. Aber wie der Teufel will, irgendwann passt man doch nicht auf. Hier war wieder ein Flughafen der Ort des Geschehens, in den fernsten Weiten Nordamerikas. Die Laptop-Tasche rutschte von der Bank, ich griff hinterher - und knallte mit der Uhr schön einmal die Kante der Armlehne entlang ...
Das Ergebnis sah so aus:
Extrem ärgerlich, zumal ich mir dieses Ergebnis meiner Grobmotorik quasi täglich unter die Nase hielt . Heute würde ich das vielleicht etwas entspannter sehen (vielleicht...), damals hat mich das aber echt gewurmt - die Uhr war ja quasi laden-neu, da hätte auch eine Aufbereitung keinen Sinn gemacht.
Mit der Zeit kommt man drüber weg, wobei die SMP immer mehr von noch tolleren Neuzugängen verdrängt wurde - kennt vielleicht der eine oder andere, man hangelt sich da von einem Steinchen zum anderen, bis es nur noch Manufaktur und Komplikation und exklusiv etc. pp. sein darf und so eine "alltägliche" SMP verschmäht in der Box zurück bleibt.
Irgendwann habe ich sie dann verkauft - wobei ich lange mit mir gerungen habe (Stichwort: erste Uhr). Am Ende siegte die Ratio, Du trägst sie nicht genug, Du willst das Geld für was anderes, also verkaufen. Das war eine klassische Autobahn-McDonalds-Nummer, Geld gegen Ware und weg war sie - damals für 1.350 Euro ...
Viele Jahre (und noch mehr Uhren...) später, hat eine gewisse Reife eingesetzt: Auch als gefürchteter Uhrenfreund muss ich nicht immer mit irgendwas Mega-Speziellem am Arm herumlaufen, die Kategorie "schlicht und ergreifend" hat wieder deutlich an Wertschätzung gewonnen. Nicht zufällig sind deshalb gleich mehrere jüngere Zugänge simple ETA 2892A2-Uhren - z.B. die Mark XVI oder die IWC UTC. Flach, zuverlässig, unverwüstlich und mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Bei Letzterem kam mir immer wieder die Erinnerung an die SMP 300 - das muss man sich heute vorstellen: Die Uhr kostete 2007 gut ein Drittel der vergleichbaren Sub Date, EIN DRITTEL . Und das obwohl schon damals nicht wenige den Abstand zwischen diesen beiden Uhren nicht gar so hoch eingeschätzt haben, mancher erinnert sich gerne an den Vergleich vom Kollegen Holbrook und die nachfolgenden, sagen wir, intensiven Forumsdiskussionen:
http://www.luxurytyme.com/articles/2.html
Leider war ich nicht der einzige, der die SMP 300 wiederentdeckt hat. Bereits seit Jahren kennen da die Preise nur eine Richtung - nach oben. Konnte man Ende der 00er Jahre eine getragene 2254.50 noch für um 1000 Euro bekommen, sind heute Preise jenseits von 1500 Euro die Regel, bei richtig guten Exemplaren werden sogar 2000 Euro aufgerufen (ob sie auch bezahlt werden, ist natürlich noch was anderes). Warum? Weil es eine wirklich gute Uhr ist. So einfach - solide, sehr robustes, gangstabiles Werk, kein schnick-Schnack, aber trotzdem alle Attribute einer wertigen Taucheruhr. Zudem trägt sie sich sehr gut mit dem Durchmesser von 41 mm und vor allem der Höhe von nur ca. 11 mm. Die modernen Omegas haben zwar alle Werke, die man unfallfrei am Supermagneten um den Mond ziehen kann - aber die Bauhöhe ist immer ein Problem. Z.B. mein PO Chrono ist mit 19,2 mm fast doppelt so hoch wie die SMP - ok, hat natürlich auch die doppelte Druckdichte ...
Mit dem Gedanken, wieder eine 2254.50 zu kaufen, habe ich länger gespielt, allein die Preise haben mich immer abgeschreckt (ich hatte halt noch meinen VK vor Augen). Irgendwann waren dann die Abwehrkräfte ermattet und ich habe doch zugeschlagen - wobei die neue immerhin über eine ganz frische Omega-Revision verfügt (kostet inzwischen auch satte 450 Euro ), so dass es für das viele Geld wenigstens etwas Vernünftiges gab.
Was genau - das sehr ihr jetzt auf den Bildern :
Tja, als wäre sie nie weg gewesen . Die Uhr Gangwerte sind exzellent und die Uhr sitzt auch nach Jahren wieder in der gleichen Bandkonfiguration satt am Handgelenk - die Hosen aus der Zeit dürften mir nicht mehr passen...
Gruß,
Christian