Das Ende der Taschenuhr - Teil 2: Omega De Ville

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Uhrenfreunde,


    als zweiten Teil meines Abgesangs auf die Taschenuhr...


    Das Ende der Taschenuhr - Teil 1


    ...möchte ich an dieser Stelle die Omege De Ville TU Cal. 601 vorstellen.


    Dazu muss ich ein wenig ausholen: Ich bin ja hier vorwiegend im IWC-Bereich unterwegs und dort liegt sicherlich auch der deutliche Schwerpunkt meiner "Sammlung". Dennoch bleibt durchaus Raum für andere Marken und gerade Omega spielt da ein relevante Rolle - z.B. war meine erste selbstgekaufte "gute" Uhr eine SMP 300, zur Verlobung gab es eine Moonwatch und auch die familiäre Frühprägung ist gegeben: Neben der (ur-)großväterlichen IWC TU war eine Omega Seamaster De Ville die zweite ernstzunehmende Uhr bei uns im Haus - allerdings in einem völlig desolaten Zustand in einer Schreibtischschublade. Erst durch mich wurde sie wiederentdeckt und dann erstmals zur Revision gegeben - was sich nach gut 40 Jahren durchaus gelohnt hat ;)


    Ich habe leider damals verpennt "vorher" Bilder zu machen - eine Revision und 500 Euro später sah sie so aus:




    Eine ausführlichere Vorstellung findet sich hier:


    Meine bunte Mischung: IWC, JLC, Omega und GO


    Mein Vater hat diese Uhr Ende der 1960er Jahre zum Diplom geschenkt bekommen, also in einer absoluten Boom-Zeit der mechanischen Uhren kurz vor Beginn der Quarz-Krise. Es war keine Frage, dass zu so einem Anlass eine Armbanduhr und keine Taschenuhr verschenkt wird - selbst wenn die 34mm Durchmesser heute an seinem Arm ziemlich albern aussehen (damals mag er noch etwas schlanker gewesen sein ;) ).


    Zur gleichen Zeit begannen bei Omega die letzten Zuckungen im Bereich Taschenuhren - allerdings nur noch ein trauriger Rest und das bei einer Marke, die ja ihren Ursprung in einem Taschenuhr-Kaliber hat. In einem Katalogblatt aus den frühen 1970er Jahren finden sich noch zwei Taschenuhren - eine Stimmgabeluhr und noch eine letzte mechanische: Die Taschenuhr-Version der De Ville, Ref. 230.754:



    Schlichte Frackuhren aus der Nachkriegszeit sind ja "mein" Gebiet und so hatte ich diese Omega schon länger im Blick - zumal sie auch perfekt zur väterlichen Armbanduhr passt. Die goldene Variante wurde mir vor Jahren mal angeboten, aber wir kamen preislich nicht zusammen. Aber als ich die Stahlversion Ref. 131.1714 vor einiger Zeit auf der Hamburger Uhrenmesse entdeckte, habe ich zugeschlagen - so viel Bargeld hatte selbst ich dabei ;) .


    Die De Ville ist extrem schlicht - ein ganz reduziertes Zifferblatt und sehr schlanke Zeiger und Indices. Auch das Gehäuse der Stahlversion kommt ohne Schnickschnack, was mir persönlich an dieser Generation von TUs immer gefällt - ich bin da mehr für das nüchtern-schliche zu haben als für barocke Schnörkeleien.







    Im direkten Vergleich fällt die Ähnlichkeit im Design auf - und der deutliche Unterschied in der Größe:





    Die TU ist mit 44mm im Durchmesser einen Zentimeter weiter als die Armbanduhr, mit 6mm aber sogar etwas flacher (insb. durch das hoch aufbauende Plexiglas der Seamaster De Ville).


    Die Konsequenz des Größenunterschieds sieht man, wenn man den Bodendeckel öffnet - der Werkhaltering nimmt doch einen sehr großen Raum ein :lupe: :



    Das verwendete Handaufzugkaliber 601 ist jetzt nicht schlecht, aber eben doch nicht in der Liga des im ersten Teil gezeigten IWC Cal. 89 - und es fehlt eben die typische Weite eines echten Taschenuhrkalibers.





    Reguliert nur in 2 Lagen, aber immerhin mit Stoßsicherung und 17 Lagersteinen - auch wenn die nicht in goldenen Chatons gefasst sind. Die Gangwerte sind übrigens auch heute noch ganz ok - eben eine "Brot-und-Butter"-Uhrwerk, das zieht zwar keinen Hering vom Teller, macht dafür auch keinen Ärger und ist sehr robust.


    Trotzdem wird klar, dass Taschenuhren damals Auslaufmodelle waren - wo die Hüllen noch ein wenig das alte TU-Gefühl versprachen, der Blick unter den Deckel aber den Griff zum kleinen Armbanduhrwerk offenbart.


    Mir gefällt sie trotzdem, gerade durch die sehr sachliche Optik, die man normalerweise nicht mit einer Taschenuhr verbindet. So eine TU kostet heute ungefähr so viel wie eine IWC Dornschließe in Stahl. Vermutlich macht sie da deutlich mehr Freude ;) ...


    Gruß,
    Christian