Frage zu Taschenuhr

  • Hallo,


    ich bin leider mit wenig Hintergrundinformationen zu dieser Uhr gekommen. In der Umgebung ist leider auch kein IWC Fachhändler zu finden. Vielleicht könnte hier mir jemand ein wenig Auskunft über Modell / zirka Preis dieser alten Taschenuhr geben.


    (die Rückseite lässt sich leider - zumindest ohne Gewalt oder Werkzeug nicht öffnen) - funktionsfähig ist sie.



    Vielen Dank für eure Antwort


    http://img3.fotos-hochladen.ne…p2015012511g72lkydhc5.jpg
    http://img3.fotos-hochladen.ne…p2015012511dtgq1mlu2x.jpg

    • Offizieller Beitrag

    Willkommen in der Watchlounge :wink:


    Diese Taschenuhr ist eine sogenannte "Lepine" oder offene Taschenuhr, also ohne Schutzdeckel vor dem Zifferblatt.


    Das Blatt und die Gestaltung des Rückdeckels lässt ungefähr einen Rückschluss auf den Herstellungszeitraum zu, den ich hier auf 1925 bis 1935 schätzen würde.


    Diese Uhr müsste hinten zwei Deckel haben: Den äußeren Deckel kannst Du öffnen, wenn Du auf der Rückseite in der kleinen Fuge zwischen Deckel und Gehäuse nach einer kleinen Vertiefung suchst - diese müsste eigentlich im oberen Bereich der Uhr zu finden sein, ca. 1 cm links oder rechts vom Pedant (der Krone). In dieser Vertiefung kannst Du ein scharfes Küchen- oder Taschenmesser ansetzen und den Deckel aufhebeln.


    Darunter müsste sich ein weiterer Deckel befinden, der sogenannte Staubdeckel - auch der lässt sich mit einem scharfen Messer (manchmal sogar mit dem Fingenagel) aufhebeln.


    Erst dann kann man weitere Aussagen zum exakten Alter, zum Werk und zum Wert der Uhr machen - den dort sind die Gehäuse- und Werknummern sowie die Goldpunzen eingeschlagen. Wenn Du Dir da selbst unsicher bist, einfach mal zu einem handwerklich vertrauenswürdigen Uhrmacher gehen, der bekommt das Gehäuse problemlos (und ohne Schäden) auf und kann dann auch die entsprechenden Nummern notieren.


    Der Wert der Uhr hängt ganz wesentlich am Materialwert - diese Gehäuse gab es in 18k und in 14k. Am besten die Uhr einfach mal wiegen, das sollten ca. 60-65g Gesamtgewicht sein.


    Zum Werk: Wie stellst Du die Uhrzeit ein? Kann man an der Krone ziehen und dann die Zeiger verstellen? Oder ist (wie man eventuell auf dem zweiten Foto erkennt) neben der Krone am Gehäuse ein kleiner Knopf - wenn man den reindrückt, kann man über die Krone die Zeit einstellen. Wenn ersteres: Dann muss es ein etwas moderneres Werk sein, im besten Fall ein Kal. 97. Wenn letzteres: Dann ist es ein älteres Werk, z.B. ein Kal. 65.


    Zum Wert: Im besten Fall (18k, beide Deckel, Kal. 97, guter Zustand) vielleicht 1000 Euro, bei einem einfachen Werk, 14k Gehäuse mit Metall-Staubdeckel wären das vielleicht nur 700 Euro - beides so als grobe Richtwerte.


    Auf jeden Fall ist das eine "gute" Uhr, die auch damals schon ihren Preis hatte.


    Gruß,
    Christian

  • Hallo Christian,


    vielen Dank für deine ausführliche Auskunft. Ich hab mich eben als Handwerker betätigt und mit deiner Anleitung das Gehäuse öffnen können.


    Anbei noch einige Bilder des innenlebens - eventuell könntest du Sie dir bitte noch ansehen:


    http://img3.fotos-hochladen.ne…p2015012516hbaul5ckwt.jpg
    http://img3.fotos-hochladen.ne…p2015012516dlihw4mqcu.jpg
    http://img3.fotos-hochladen.ne…p201501251608i26e9o57.jpg
    http://img3.fotos-hochladen.ne…p2015012516z6q9nwohgx.jpg


    Die Uhrzeit lässt sich per Hochschieben des Aufziehrades einstellen. Die Gewichtszahl wundert mich ein wenig - meine Küchenuhr zeigt 83 Gramm an.



    Danke!

    • Offizieller Beitrag

    ... ok, das hilft schon mal weiter:


    Die Werknummer (oberhalb des Unruhreifs) lese ich mit 819472 - richtig? Das Werk ist dann ein Kal. 52T - das "T" steht dabei für "tirette", d.h. das Werk kann durch das Ziehen der Krone gestellt werden, was hier der Fall ist.


    Dieses Werk wurde 1925 gefertigt, insgesamt gibt es davon nur 7.800 Stück - das ist also durchaus selten. Das Basiswerk ist noch eine Generation älter als ich dachte und mit 19 Linien im Durchmesser entsprechend robust (z.B. das Kal. 97 hat nur 17 Linien). Entsprechend ist der Durchmesser dieser Uhr deutlich größer als bei moderneren Modellen - was sich natürlich im höheren Gewicht niederschlägt.


    Was noch hilfreich wäre: Innen im Deckel ist die Gehäusenummer eingeschlagen und der Goldstempel (14k oder 18k bzw. 0,585 / 0,750), beim Staubdeckel steht unter der Zahl eventuell "Metal" (wenn er nicht aus Gold ist). Damit lässt sich dann der Wert und der Auslieferungszeitraum der Uhr noch genauer bestimmen.


    Gruß,
    Christian

    • Offizieller Beitrag

    ... ok, die Gehäusenummer passt zeitlich - die Uhr wurde vermutlich um 1933 ausgeliefert und danach verkauft. H5 bezeichnet die Höhe des Werkes (5mm).


    Wenn der Staubdeckel aus Stahl ist, dann ist das Gehäuse wahrscheinlich 14k Gold. Bei ca. 83g Gesamtgewicht kann man von einem Goldgewicht von ca. 40g ausgehen, also einem reinen Materialwert von aktuell ca. 800 Euro.


    Entsprechend würde ich den Wert der Taschenuhr auch eher am oberen Ende ansetzen, also ca. 1000 Euro (vielleicht sogar mehr, wenn Blatt und Zeiger sehr gut erhalten sind). Falls das Gehäuse doch 18k ist, dann natürlich entsprechend etwas mehr.


    Das Werk dürfte auch bereits von einem Uhrmacher reguliert worden sein - das erkennst Du am Zeiger in der Schwanenhalsregulierung, der deutlich nach links zeigt.


    Gruß,
    Christian

  • Wow - wirklich vielen Dank für deine ausführlichen Antworten! Da ich nicht wirklich einen persönlichen Bezug zu der Uhr habe - jetzt noch eine Entscheidene Frage - wo verkauft man so was in der Art am besten?


    Danke
    lg aus Österreich
    Thomas

    • Offizieller Beitrag

    ... im Zweifel auf eBay - die Reichweite der Uhrenforen ist für Taschenuhren vermutlich zu gering. Das ist auch ein sehr kleiner Markt, da gibt es nur wenige Sammler. Aber die untere Preisgrenze liegt halt immer beim Materialwert, den Händler ziemlich genau im Blick haben. Schöner ist es natürlich, wenn so eine Uhr auch wirklich erhalten bleibt - aber das liegt dann immer in der Hand des Käufers.


    Gruß,
    Christian