Angeregt durch einen Kommentar im Nachbar-Thread möchte ich mal einen anderen Blick auf Hublot werfen. BangkokDude schrieb im Thread über die Oceanographic 1000:
"Hier solls um Uhren gehen und nicht um Gehaltsklassen!"
Ich denke, bei Hublot geht es vor allem um Gehaltsklassen! Herr Biver ist ein genialer Marketingstratege, der mit großem Geschick Markt- und Gesellschaftsentwicklungen in erfolgreiche Geschäftsmodelle übersetzt.
Anfang der 90er Jahre hat er früh die Renaissance der mechanischen Uhren vorausgesehen, Blancpain gekauft und diese traditionsreiche Marke wieder zum Leben erweckt. Dabei hat er auf klassische Tugenden der Uhrmacher gesetzt: anspruchsvolle Technik in kleinem Raum zu integrieren. Blancpain hat er so zu einer Marke für Uhren-Connaisseure gemacht.
Das hat am Anfang recht gut funktioniert. Das Wachstumspotenzial jedoch ist begrenzt durch eine wenig wachsende Gruppe von Menschen, denen es vor allem um innere Werte und Luxus geht, den sie selber wertschätzen, aber nicht nach außen dokumentieren wollen. Diese Zielgruppe gehört meistens zum sogenannten "Alten Geld", das seit Generationen vorhanden ist.
Die Zielgruppe der sogenannten Neureichen, die innerhalb sehr kurzer Zeit sehr vermögend wurde bzw wird, wächst weltweit nach wie vor rasant. Und viele Menschen in dieser Zielgruppe wollen diesen Erfolg möglichst plakativ auch nach außen dokumentieren.
Auch das hat Biver frühzeitig erkannt, Blancpain auf einem Höhepunkt verkauft und ist dann bei Hublot eingestiegen - einer Marke, 1980 gegründet, ohne Geschichte und ohne Tradition. Und genau das brauchte er: eine Marke, die er selber formen kann, ohne auf limitierende Historie Rücksicht zu nehmen.
Der Rest ist hinlänglich bekannt: große, auffällige Uhren (mit Designanleihen bei AP) und exklusiven Materialien, die allein schon das Image "teuer" transportieren. Dazu ein Marketing, dass "laut" und auffällig fokussiert auf die "Tummelplätze" der VIPs und Möchtegern-VIPs. Und ein hervorragender Service. Und gerade das Thema Service ist bei der angestrebten Zielgruppe ein besonderer Faktor: Menschen, die schnell zu viel Geld gekommen sind, haben laut Marktforschung einen extrem hohen Anspruch an Service bzw die Art und Weise, wie sie als Kunde behandelt werden wollen nach dem Motto "das habe ich mir verdient".
Mit der traditionellen Uhrmacherkunst, anspruchsvolle Technik wie zB einen ewigen Kalender mit Tourbillon in ein 10mm flaches 38mm Gehäuse unterzubringen, hat das alles nichts mehr zu tun. Aber es befriedigt die Bedürfnisse des Zeitgeistes und genau das ist die Grundlage für den aktuellen wirtschaftlichen Erfolg.
Ob einem Hublot-Uhren nun gefallen oder nicht, ist eine reine Frage des persönlichen Geschmacks. Gleiches gilt für die Frage, ob man seinen Erfolg sichtbar nach außen zeigen will. Jedem das seine.
Vor der Leistung von Herrn Biver hingegen kann man nur seinen Hut ziehen und sagen: Chapeau.