Doppelschlag, Teil 1: Eine Fliegeruhr von IWC

  • Liebe Gemeinde!


    In der letzten Woche kamen eher ungeplant zwei neue Uhren bei mir an. Die Erste ist eine Uhr, die ansonsten eher nicht mein Beuteschema wäre. Allerdings mochte ich diese spezielle Uhr schon länger.


    Sie hat eine lange Geschichte, die auf das Jahr 1936 zurück geht.


    In diesem Jahr präsentierte die Manufaktur aus Schaffhausen ihre erste speziell für Flieger gefertigte Uhr, die Mark IX.



    Quelle: http://www.fliegeruhr.ch


    Sie hatte damals 36,5mm Durchmesser und trug in ihrem Inneren das legendäre Caliber 83. Gefertigt wurde sie von 1936 bis 1944.



    Quelle: http://www.fliegeruhr.ch


    In der Werbung wurde sie als besonders robust gepriesen.


    Die Typographie und die Zeiger dieser Uhr faszinierten mich schon länger. Als Zenith dann im letzten Jahr die Montre D'Aeronef präsentierte, war mir klar, dass ich diese Uhr haben muss.


    Die Fliegeruhr Vintage 1936 indes war bis vor kurzem völlig an mir vorbei gegangen.


    Ursprünglich wurde diese Uhr auch schon 2008 zum 140jährigen Jubiläum von IWC präsentiert worden. Im Rahmen der Vintage Jubiläums Collection erschien eine Aquatimer, eine Ingenieur, eine Da Vinci, eine Portofino, eine Portugieser und eben die Fliegeruhr 1936!


    Ich stolperte in der letzten Woche eher zufällig über dieses Modell. Auf zeitgemäße 44mm gewachsen, aber mit der DNA des Ursprungsmodells versehen, war sie sofort auf meinem Schirm. Statt des Cal. 83 verfügt sie über das moderne 98300er Kaliber, eine Eigenentwicklung von IWC, die auf das erste Kaliber von F.A. Jones aus dem Jahr 1868 zurückgeht. Es ist ein wunderschönes Taschenuhrkaliber mit einem überlangen Rückerzeiger, ein Traum von Werk!


    Ich konnte also nicht anders.... Sie musste an meinen Arm....


    Und hier ist sie:



    Oh..


    War nur die Kiste...


    Okay...


    Nächster Versuch:



    Ich nehme an, dass das Original auch so geleuchtet hat, allerdings etwas mehr gestrahlt ;) hat...


    Die Werksansicht ist ein absoluter Traum:



    Jetzt aber mal von Vorne:



    Na gut, Stilleben mit Uhr!



    Ich finde, dass sie wirklich eine perfekte Kopie der historischen Vorbildes darstellt.


    Ansonsten fehlt hier natürlich noch der obligatorische Wristshot...


    ...hier isser:



    Danke für's Reinschauen!!



    Gruß,


    Oliver :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Glückwunsch zum Neuzugang :blume:


    Wieder eine Uhr, die wohl abseits des Mainstream liegt - aber ein historisches Vorbild technisch/optisch in die Jetzt-Zeit bringt. Das Jones-Werk passt zwar zeitlich nicht so ganz zur Uhr, aber Handaufzugwerke in diesem Durchmesser sind halt rar und man will dann ja auch etwas sehen fürs Geld ;)


    Die Fliegeruhren haben ja durchaus eine ambivalente Geschichte bei IWC - die Firma hat in alter schweizer Tradition ;) sowohl die deutsche (als Beobachtungsuhr für Bomberbesatzungen) als auch die britische Luftwaffe (Mark 10 / 11) mit Uhren beliefert, letztere allerdings erst nach dem Krieg.


    Obwohl die Schweiz in diesem Konflikt offiziell neutral war, stand IWC gleich zwei mal mittendrin. Relativ bekannt ist die Bombardierung Schaffhausens durch die Amerikaner im April 1944, die um ein Haar auch die IWC-Fabrik ausgelöscht hatte - offiziell war es ein "Navigationsfehler", aber daran bestehen durchaus Zweifel, angesichts der signifikanten Bedeutung der Deutschschweiz als Nachschubweg.


    Die zweite, wesentlich weniger bekannte Episode ereignete sich bereits im Juni 1940: In dieser Zeit kam es immer wieder zu Grenzverletzungen durch deutsche Bomber und Jagdflugzeuge, meist auf dem Rückweg von Gefechten über Frankreich. Das hat den Schweizern irgendwann gereicht, sodass sie begannen, solche Überflüge durch Jagdflugzeuge zu unterbinden. Dabei kam es zu den einzig bekannten kriegerischen Auseinandersetzungen in der jüngeren Schweizer Geschichte, bei dem die Schweiz insgesamt 11 deutsche Maschinen abschoss und vier eigene Piloten verlor, davon allein zwei bei Pruntrut am 8. Juni 1940. In diesem Luftkampf wurde u.a. ein weiterer Schweizer Jäger schwer getroffen - der Pilot erlitt drei Treffer in Lunge und Schenkel, konnte sich aber trotzdem gerade noch mit einer Notlandung retten. Das war Rudolf Homberger, der Sohn von Ernst Jakob Homberger (der IWC bis 1955 leitete) und der Bruder von Hans Ernst Homberger, der als letzter Familieneigentümer die IWC 1978 an VDO verkaufte.


    Rudolf Homberger war auch schon vor dem Krieg ein begeisterter Pilot (ebenso wie sein Bruder Hans) und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass diese Leidenschaft bei der Entwicklung der "Spezialuhr für Flieger" eine wichtige Rolle gespielt hat. Vielleicht hatte er diese Uhr auch bei seinen Einsätzen am Arm. Seine deutschen Gegner flogen übrigens noch ohne IWC, die wurden erst ab August 1940 ausgeliefert - das liegt auch nicht so nahe: Während der eigene Sohn im Hospital zusammengeflickt wird, liefert der Papa gleichzeitig 1000 Uhren an die Leute, die ihn dahin gebracht haben... :grb:


    Das als kleiner Exkurs zur ersten Fliegeruhr von IWC - die mehr als eng mit der Geschichte und der Eigentümerfamilie verbunden ist.


    Gruß,
    Christian

  • Ach ja @ Olli: Gratulation. Ich muss schon sagen, diese Uhr gefällt mir immer besser.
    Ich glaube ich muss mir auch mal so eine umschnallen ;)


    Danke!


    Ja, mach das... Mir gefällt sie auch von Tag zu Tag besser....


    Christian:


    Danke für die Hintergrund-Infos! Macht immer wieder großen Spaß, Dich zu lesen!!!



    Gruß,
    Oliver :wink:

  • Auch bei mir geht der Daumen nach oben! Das ist für mich eine der gelungensten Adaptionen einer Legende in die Neuzeit! Voll "Retro" aber super gemacht :gut: ...


    Zum Thema Schweiz / WW2 / Nachschub / Bomardierung S'Hausen und Basel... Kann ich auch noch folgendes beitragen:


    Mein Grossvater war damals Lokführer bei der SBB (Schweizerischen Bundes Bahn) und war während der Aktivdienstzeit im WW2 Mitglied des MED (Militär Eisenbahn Dienstes). Er hat mir immer wieder berichtet, dass der MED und die SBB - von Mitte 43 bis Ende 44 - praktisch jede Nacht!!! einen Eisenbahnzug mit Kriegsmaterial an der deutschen Grenze beim Badischen Bahnhof abgeholt und durch die Schweiz hindurch an die Grenze nach Chiasso geführt haben.


    Mann in diesem Zusammenhang natürlich auch wissen, dass während dieser Zeit - "täglich und tagsüber" - ca. 25!!! Kohlezüge von Weil / Basel nach Chiasso - durch die Schweiz hindurch - geführt wurden. Diese Züge welche offiziell als "Italienkohle" Züge benannt wurden - waren den Alliierten notabene wohlbekannt! Und sie wurden dann auch (von allen Beteiligten) stillschweigend tolleriert...


    Was den Alliierten allerdings ein Dorn im Auge war - waren die nächtlichen Züge mit Kriegsmaterial. Die Übrstellung dieser Züge erfolgte immer im Schutze der völligen Dunkelheit und - ohne Licht... Dies stellte für die damals "gemischt - arischen" ;) aus deutschem und schweizerischem Personal bestehenden Rangiertrupps - am Anfang - eine nicht zu unterschätzende und sehr delikate Aufgabe dar... Mussten doch Barrieren aufgemacht deutsche Dampfloks abgekuppelt und schweizerische Krokodil E- Loks angekuppelt werden... Und dies musste Alles A) ohne Geräusche und B) ohne Licht zu emmittieren erfolgen! Denn - Es ging dabei damals nicht alleine darum den Alliierten weitestgehend nichts zu verraten... Nein auch die lokalen Anwohner - beidesits der Grenze - sollten nicht wirklich etwas mitbekommen - was da in stockfinsterer Nacht auf dem Bahngleis vor sich ging!


    Als Konlusion kann ich hier mit dem für mich damals wie heute wichtigsten Satz meines Grossvaters schliessen. Dieser behauptete zeitlebens:


    "Wenn ich für jede Tonne Kriegsmaterial welches wir auf diese Weise während dem WW2 - von Deutschland nach Italien - durch die Schweiz gebracht haben - damals auch nur 1 Franken erhalten hätte - dann wäre ich nach dem Krieg ein stinkreicher Mann gewesen und hätte bis zu meinem Ende nie mehr auch nur einen einzigen Tag arbeiten müssen"!!!


    So viel zum Thema die Schweiz und ihre Neutralität während dem grossen vaterländischen Krieg ;)


    Roger

    If everything seems OK - You're just not going fast enough!!! And - Don't drive & fly like hell - unless you want to get there...
    R.I.P. to Stiwi & Volker... Your legacy will not be forgotten - and your spirit will remain with us!!! Patrouille Swiss - FOREVER!!!