Was für eine Type...

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Uhrenfreunde,


    im Windschatten der Baselworld streue ich nochmal einen neuen Chrono ein – es ist auch erstmal der letzte, versprochen… ;)


    Wenn man sich die Uhrenbranche in den vergangenen Jahren anschaut, fällt (neben den viel beklagten Preiserhöhungen) ein Trend besonders auf: Der Wandel in der Distributionsstrategie, weg vom regional verankerten Mehrmarken-Konzessionär, hin zur Mono-Brand-Boutique.


    Diese Entwicklung ist gerade in den neuen Märkten schon weit fortgeschritten, wo solche Boutiquen inzwischen das Bild dominieren – was natürlich auch dadurch bedingt ist, dass es oft vor Ort schlicht keine etablierten Juwelieren gab. Dies ist in Europa anders, wo z.B. in Deutschland lange jedes Mittelzentrum zumindest einen „vernünftigen“ Juwelier im Ort hatte. Doch das hat sich in den vergangenen Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit gewandelt: Hersteller verringern gezielt die Anzahl der Konzessionen und schrecken dabei auch vor den großen Ketten nicht zurück – die Diskussionen zum Thema Wempe vs. Omega bzw. Bucherer vs. Breitling sind vielen noch lebhaft in Erinnerung.


    Hier im Norden werden die Folgen besonders deutlich: Mitte der 2000er Jahre war z.B. IWC noch breit vertreten, auch in Städten wie Flensburg, Kiel, Lüneburg oder Oldenburg – jeweils bei örtlich etablierten Händlern mit einer nach meiner Erfahrung durchaus loyalen Kundschaft. Alle diese Läden haben ihre Konzession verloren, was z.B. in Lüneburg dazu geführt hat, dass gleich der ganze Laden verschwunden ist. Und nicht nur IWC agiert so, Omega, GO, JLC und so weiter verfolgen die gleiche Strategie, z.B. Happe in Kiel verlor erst Rolex und dann Omega und ist heute (aus Sicht des Uhrenfreunds) irrelevant.


    Das hatte nichts mit der Qualität der Läden zu tun, auch Lindner in Timmendorfer Strand wurden Marken wie JLC oder IWC gekündigt. Und warum in Hamburg Mahlberg Omega verloren hat, nur damit wenig später ein Kleinstladen wie Hansen eine neue Konzession bekommt, muss man wirklich nicht verstehen.


    Ob sich diese Strategie mittelfristig auszahlt, wird sich zeigen. Zurzeit dominiert der Blick auf die so realisierbaren höheren Margen – das drastisch erhöhte Risiko wird dabei gerne ausgeblendet. Aus Kundensicht geht eine Menge Vielfalt verloren: Selbst in einer Stadt wie Hannover (mit über einer halben Millionen Einwohnern) gibt es keinen Omega-Konzessionär mehr. Gleichzeitig gibt es in Deutschland nur sehr begrenzt Potenzial für Mono-Brand-Boutiquen, gerade wenn die Marken etwas abseitig sind. Selbst „Massen-Hersteller“ wie Omega haben nur 4 solche Standorte (Hamburg, Berlin, Frankfurt und München) und ich sehe maximal einen weiteren (im Westen, Düsseldorf oder Köln).


    Manche anderen Marken finden dagegen in Deutschland kaum statt, da bleiben dann nur noch Standorte wie Zürich oder New York, wo man dann wirklich jeden Hersteller antreffen kann (allein Madison Ave. und Umgebung beherbergt Rolex, Patek, IWC, Panerai, Hublot, Breguet, Omega, Blancpain, Vacheron, AP, Breitling, Chopard, GP, FP Journe, Cartier…).


    Aus Kundensicht stellt sich die Frage: Was bringt mir so eine Boutique? Persönlich sehe ich diese Läden eher als Marketing-, denn als Vertriebskanal – ich glaube nicht, dass ich dort direkt jemals eine Uhr kaufen werde (ich bin wirklich nicht als Vollzahler geeignet…). Was ich aber schon bemerkt habe, ist der Einfluss auf Kaufentscheidungen. Wenn man z.B. eigentlich jede Omega zeitnah auch live anschauen kann, ist das sicherlich kein Nachteil. Auch der direkte Zugang zu Service und Kleinteilen ist nicht verkehrt (und in meinem Fall ein messbarer Umsatzträger für den Laden). Was das Hintergrundwissen und eine ehrliche Begeisterung für die Marke und die Kunden angeht, sind meine Erfahrungen sehr gemischt. In Hamburg gibt es da nichts zu meckern, bei anderen Gelegenheiten bin ich aber auch schon auf die perfekte Mischung aus Ahnungslosigkeit und Nichtwissen gestoßen – manche Boutique kann da nur aus der Qualität der herausgegebenen Schokolade eine Existenzberechtigung ableiten…


    Andererseits gibt es auch ab und an Highlights: Vor ein paar Monaten musste ich in Zürich ein wenig Zeit bis zum Abflug meines Fliegers vertrödeln und verbrachte so einen trüben Vormittag auf der Bahnhofsstraße. Eigentlich war mein Plan, einmal die raren Nautilus-Modelle bei Patek einer Inspektion zu unterziehen, damit man im Ernstfall vorbereitet ist. Leider ein völliger Reinfall, selten einen so uninspirierten Laden erlebt… :rolleyes: dann eben nicht. Da das Beyer-Uhrenmuseum noch nicht geöffnet hatte, schwenkte der Blick in die andere Richtung – da lag die erstaunlich große Breguet-Boutique im Blickfeld. Na gut, warum nicht – hat man ja sonst nicht so zur Hand. Es waren keine Chinesen, Russen oder Scheichs in Sicht, der Laden war komplett leer, einzig der Geschäftsführer suchte hoffnungsfroh nach einer sinnvollen Beschäftigung. Und so entwickelte sich eine lebhafte Diskussion über Gott und die Uhrenwelt, die nach und nach durch die komplette Breguet-Kollektion führte – und zwar insbesondere solche Bereiche, die offensichtlich nicht meine Preisklasse waren. Viele spannende Dinge, von den unvermeidlichen Tourbillons bis hin zur neuen Magnet-Hemmung (die erste Auslieferung war gerade reingekommen) – am Ende waren fast zwei Stunden weg... ;)


    War das nun ein gutes Investment? Gekauft habe ich dort ja nichts (der Verdacht bestand auch nie), andererseits wäre die Alternative Kaffeetrinken und Uhrenabstauben gewesen. Trotzdem sieht Umsatz natürlich anders aus. Jedoch: Damals habe ich innerlich beschlossen, doch mal Breguet in die engere Wahl zu ziehen, auch wenn mir die Modelle fast durchgängig zu Old School im Design sind. Eine Ausnahme gab es aber: Die klassischen Flieger-Uhren und hier vor allem die Type XXI – etwas größer als die XX, mit Datum und 24h-Anzeige und einem sehr schön gestalteten braun-grauen Blatt, zudem rechtfertigte allein die Stoppminute aus dem Zentrum eine Anschaffung (sowas fehlte mir noch :G ). Das Angebot ist überschaubar und so hat es dann eine ganze Weile gedauert – bis ich schließlich fündig wurde: Mein letzter Beitrag zum Thema „Inhouse-Chronos unter 10k“ – der Breguet Type XXI Chrono. Und auch wenn es sich monetär nicht direkt niederschlug, kann die Boutique in Zürich hier einen Strich in den Verkaufstresen machen – einen Neukunden gewonnen, mehr kann man aus einem trüben Vormittag eigentlich nicht machen…


    Aber jetzt – endlich – Bilder (leider bei trübem Licht) :wink: :












    Und wie sagte ein weiser Kollege: "Die Box ist voll, Feierabend..." ;) :wink:


    Gruß,
    Christian

    • Offizieller Beitrag

    ... nochmal ein paar weitere Bilder:
    Die Farbe des Zifferblatts ist ziemlich schwer zu fassen, da sie extrem vom Lichteinfall abhängt - meist sieht es in der Realität Richtung grau (bei Kunstlicht oder wenn es trübe ist) bis braun (wenn die Sonne drauf scheint) aus. Die Unterschiede innerhalb des ZB entstehen durch die verschiedenen Schliffe - hält man z.B. eine Lampe direkt drauf, wirken die Totalisatoren und der Innenkreis heller als die äußere Fläche.


    Hier nochmal ein paar Versuche (erst drinnen, dann draußen):







    Der innere Ring hat einen Sonnenschliff, außen ist es ein Rundschliff. Die permanente Sekunde links hat die bekannten Rillen, bei der 24h-Anzeige rechts sind es die gleichen Rillen, über die aber im "Nacht"-Bereich noch eine Art "Rollo" aus Querstreifen gezogen ist, die nach unten hin enger werden. Beide Anzeigen sind in einem glänzenden Metallring gefasst. Der Stundenzähler unten ist dagegen matt lackiert und ohne Einfassung.


    Das ist alles schon sehr komplex gemacht - dazu kommen ja noch die Indices in einer Diamanten-Form und das Zeigerspiel, bei dem außer Stunde/Minute alle eine unterschiedliche Form haben. Da wird einem nicht langweilig :G


    Gruß,
    Christian