Ein IWC Vintage-Klassiker: Die Ref. 521 "Shark Fin"

    • Offizieller Beitrag

    Liebe IWC-Freunde,


    mal wieder etwas aus dem Klassik-Segment - eine Uhr, die schon etwas länger bei mir ist, aber bisher noch nicht als Fotomodell hergehalten hatte. Das war geradezu sträflich, deshalb habe ich die heutigen, raren Sonnenstrahlen mal für eine kleine Session genutzt.


    Die großen Uhrenmarken blicken (fast) alle auf eine sehr lange Geschichte zurück, die geprägt ist von Höhen und Tiefen. Ich habe hier schon verschiedentlich Uhren aus den späten 70er Jahren vorgestellt - einer Zeit, die (nicht nur) für IWC einen absoluten Tiefpunkt darstellte. Aber es gab natürlich ebenso Hochphasen, in denen das Geschäft brummte - wie wir es auch heute kennen.


    Für die IWC gehören die 50er Jahre zu den erfolgreichsten der Firmengeschichte: Die Krieg war vorbei, die Wirtschaft wuchs kräftig und es kam wieder Optimismus und Wohlstand auf. Und dazu gehörte natürlich auch eine gute schweizer Uhr. Glücklicherweise fielen in diese Zeit zwei der größten technischen Meilensteine, die die IWC auf Jahrzehnte prägen sollten und die insbesondere mit dem Namen Albert Pellaton verbunden sind, der ab 1944 technischer Direktor in Schaffhausen war. Er war verantwortlich für die Entwicklung der beiden legendären Kaliber der modernen IWC, das Handaufzugskaliber 89 (1946) und insbesondere das erste Automatikkaliber 85 (ab 1950).


    Die Kollektion bestand damals ausschließlich aus schlichten Dreizeiger-Uhren, selbst die Datumsanzeige kam erst mit den Automatikwerken Mitte der 50er Jahre. Die Bekanntheit der IWC war dabei eng verbunden mit Modellen, die auch heute noch jeder Uhrenfreund kennt: Das vielleicht bekannteste Modell mit Kal. 89 war die Mark 11, die ab 1948 bis in die 80er Jahre (!) nahezu unverändert gebaut wurde. Die Automatikwerke ab Kal. 852(1) bildeten das Herz der Ingenieur-Modelle, bis zur Quarz-Krise das Flaggschiff der IWC-Kollektion.


    Und dann gab es noch zwei weitere Vertreter der 50er Jahre, die auch heute noch im Sammler-Fokus sind - klassische Golduhren mit "Fancy lugs", zum einen die Modelle mit "Krabbengehäuse" (crab case) und zum anderen die "Shark Fin"-Modelle. Beide verdanken ihren Namen der charakteristischen Form ihrer Bandanstöße, die deutlich aus den damals meist eher konservativ gestalteten Dress watches herausstechen - ein Grund für die heutige Beliebtheit. Dazu kommen massive 18k Gehäuse, Rot- statt Gelbgold, klassische Zifferblätter, das Kaliber 89 - und vor allem die Größe: Mit Durchmessern von fast 37 mm waren diese Uhren damals "riesig" - klassische Herrenuhren aus der Zeit, wie z.B. die Ur-Calatrava, hatten Durchmesser um 30mm. Dadurch gehört die Shark Fin zu den wenigen Uhren dieser Periode, die man auch nach heutiger Mode noch tragen kann - wobei sie nach über 50 Jahren dann inzwischen das untere Ende der Herrengrößen markiert...


    Das gezeigte Exemplar stammt von 1966 (!), dürfte also eine der letzten der Ref. 521 gewesen sein. Alles noch original, auch die Krone, die keinen Fisch trägt - diese Modelle sind nicht wasserdicht. Der Katalog dahinter stammt aus 1954, damals kostete die Uhr in Deutschland 690,- DM, gut das Doppelte einfacher Stahlmodelle. Damals gehobene Mittelklasse, entsprechend wurde auch die IWC-Zielgruppe beschrieben - Ärzte, Ingenieure, Chemiker etc. Wie sich Zeiten ändern ;) ...


    comp_DSC_0683-01_zpsa3e4c933.jpg


    comp_DSC_0684-01_zps737a83fd.jpg


    comp_DSC_0673-02_zps5e1b4d70.jpg


    comp_DSC_0670-01_zps0bb41d82.jpg









    Zeiger mit Patina, Zifferblatt mit dem alten Fadenschrift-Logo:


    comp_DSC_0691-01_zps5a4a42fd.jpg


    Und noch ein paar Details zu den Shark Fin-Hörnern:


    comp_DSC_0674-01_zps10dbbcb8.jpg


    Auch selten: Hier erkennt man Fakes, wenn die Krone einen Fisch trägt - das Original hat keinen, denn die Fischkrone war den wasserdichten Uhren vorbehalten:


    comp_DSC_0680-01_zpsa86e1200.jpg


    comp_DSC_0680-02_zps0959c412.jpg


    Worauf man beim Kauf achten sollte: Diese Hörner (noch mehr bei den Crab Case-Uhren) brechen relativ leicht ab und werden dann gerne eher grob motorisch wieder angelötet. Da leidet dann öfters die Symmetrie...


    comp_DSC_0695-01_zpsad0cbda8.jpg


    Schlichter Druckboden:


    comp_DSC_0682-01_zpsf43d6690.jpg


    Bilder vom Werk kommen später noch.


    Gruß,
    Christian

  • Am ZB erkennt man die Marke deutlich. Was mich ein bisschen irritiert hat war die Krone, waere mir diese Uhr in freier Wildbahn so begegnet, haette ich angenommen, dass es sich bei der Krone um ein Nicht-IWC Austauschteil handelt. Aber du hast das ja klargestellt, wie so oft beim Lesen Deiner Reviews habe ich wieder etwas dazu gelernt...Danke!
    Mike

    • Offizieller Beitrag

    ... ja, in den allermeisten Fällen liegt man mit der Fischkrone auch richtig - selbst Mitte der 50er Jahre waren die meisten IWCs schon wasserdicht, auch die goldenen. Wobei nicht jede offiziell "wasserdichte" Uhr das dann auch gehalten hat, gerade mit den ersten Taucheruhren ging man da regelmäßig "baden".


    Aus der Moderne gibt es eigentlich nur ein Armbanduhr-Modell von IWC, das nicht wasserdicht ist - die klassische Minutenrepetition, entsprechend auch hier eine "neutrale" Krone.


    Wie versprochen, habe ich mich jetzt auch nochmal an Bildern des Uhrwerks versucht - die Aufgabe ist nicht ganz so dankbar wir bei den größeren (und besser zugänglichen) Taschenuhren, aber man erkennt worum es geht - und übersieht am besten die dezenten Hinweise, dass das Werk durchaus eine Reinigung gebrauchen könnte :lupe:


    comp2_DSC_0687-01_zpsf2f4995f.jpg


    comp2_DSC_0698-01_zps39e80a28.jpg


    comp2_DSC_0705-01_zpsd261d2c7.jpg


    comp2_DSC_0684-01_zpsed5785de.jpg


    comp2_DSC_0704-02_zpsc2e4df75.jpg


    comp2_DSC_0696-01_zps8d7d034b.jpg


    comp2_DSC_0701-01_zps6e85dbd2.jpg


    comp2_DSC_0715-02_zps3701a0e0.jpg


    Das war schon sauberes Handwerk damals - das Kal. 89 muss sich mit Sicherheit nicht verstecken vor den meisten aktuellen "Manufaktur"-Versuchen. Auch IWC wäre heute vermutlich nicht böse, wenn man die Werkzeuge für das Werk damals nicht so gründlich entsorgt hätte :rolleyes: ...


    Gruß,
    Christian

  • So eine Vorstellung finde ich besonders gelungen, wenn zeitgenössisches Informationsmaterial den Rahmen bildet. Das passt einfach und die Gedanken zur Uhr haben Orientierungspunkte (Zielgruppe etc.).
    TOLLE Präsentation !
    Die Uhr würde mir auch sehr gut gefallen, ist nämlich mein Jahrgang. ;)
    Davon abgesehen finde ich auch das dunklere Zeigerspiel zum helleren Gehäuse sehr ansprechend.
    Weiter so,
    Grüße Pit (eigentlich Peter)

  • Toller Beitrag, Christian! Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit dafür genommen hast. :hut:


    Übrigens: Bei Deinem Detailbild vom Uhrwerk sind mir die Kerben aufgefallen. Sind das Revisionsmarkierungen? Beim Öffnen der Druckbodens dürften die ja eigentlich nicht entstanden sein, oder?


    • Offizieller Beitrag

    ... mir war das gar nicht aufgefallen, aber im Nachbarforum hatte es auch schon jemand entdeckt. Ich hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hat - Öffnungspuren sind es definitiv nicht.


    Ein Experten-Tipp war, dass man so in der Montage die zugehörigen Teile markiert hat. Das würde hier passen:


    Die Markierungen kann man als "VIII VIII VIII" lesen. Die im zugehörigen Deckel eingestanzte Gehäusenummer endet auf "....888". Vermutlich wurden die Uhren vor der Endmontage ins Stammbuch eingetragen und dabei durch die Markierung vermieden, dass dann die Deckel (mit den Seriennummern) vertauscht wurden. Da liegen ja meist ein paar mehr Uhren nebeneinander und man kann ja sonst nicht erkennen, welcher Deckel auf welche Uhr gehört.


    Da habe ich auch wieder was gelernt :lupe:


    Gruß,
    Christian

  • Toller Bericht, tolle Uhr. Danke für's zeigen... :wink:


    Eine Anmerkung gestatte ich mir:


    Aus der Moderne gibt es eigentlich nur ein Armbanduhr-Modell von IWC, das nicht wasserdicht ist - die klassische Minutenrepetition, entsprechend auch hier eine "neutrale" Krone:


    Darüberhinaus gibt es auch noch die Jubiläums-Portugieser und die Portugieser 2000, die nicht wasserdicht sind und entspechend eine "neutrale" Krone haben.


    Gruss, rank

  • Hallo Christian,


    habe Deine tolle Vorstellung gerade erst gesehen. Sehr ausführliche Schilderung der Historie und des zeitgenössischen Rahmens und super Bilder, wunderschön :verneig::verneig: .


    Darf ich zur Abrundung Deiner Erklärungen noch zwei Bilder hinzufügen?


    Einmal ein Vergleich der Shark Fin mit einer "Spider Lugs" in Gelbgold und zum anderen zur Einschätzung der Größe ein Bild der Shark Fin neben einer Rolex Explorer 1 in 36 mm :






    Ich finde, die Shark Fin sieht durchaus sogar etwas größer aus als die EX 1.


    Viele Grüße
    Jürgen

    • Offizieller Beitrag

    jürgen: Sehr schönes Paar und guter Vergleich mit der Explorer I, die ja auch ihren Ursprung in der Zeit hat :gut:


    Frank: Ja, das stimmt - wobei beide Uhren ja heute nicht mehr gebaut werden bzw. wasserdichte Nachfolger haben (5001). Die Repetition ist auch heute noch im Angebot und - anders als z.B. die Grande Complication - immer noch nicht gegen Wasser geschützt. Im Alltag ist das aber eher unproblematisch - man stellt sich ja mit solchen Uhren nicht unter die Dusche und auch für Wandertouren durch Gewittergüsse hat man in der Regel geeignetere Kandidaten in der Box ;)


    Gruß,
    Christian