Kaliber 2121 versus 3120. Welche RO sollte es sein? Der Versuch einer kritischen Auseinandersetzung

  • Hallo zusammen!



    Immer wieder kommt in diversen Foren, aber auch in meinem Bekanntenkreis die Diskussion auf, ob es unbedingt der Klassiker der RO mit dem Kaliber 2121 sein soll, oder ob es auch eine der neueren Varianten mit dem Kaliber 3120 (z.B. die 15300) sein darf. Ich selbst bin noch nicht ganz schlüssig, aber durchaus schon etwas voreingenommen.


    Einen interessanten Beitrag zum Kal. 3120 gibt es unter:www.p178host.com/apgallery/3120 (Suitbert Walter). Hier wird das Werk geradezu in seine kleinsten Bestandteile seziert. Und ihm wird ein excellentes, kompromissloses Layout bescheinigt.


    Muß es also unbedingt das alterwürdige 2121 sein?


    Klar, damit hat alles begonnen. Es ist extrem flach. Und der auf Rubinrollen um einen Berrylium-Ring kreisende Zentralrotor ist zweifellos ein Schmankerl, wenngleich natürlich auch aus Stabilitätsgründen erforderlich. Ich besaß ein Exemplar der C-Serie ( Kal. 2121, allerdings statt Gyromax- eine Glucidur-Unruhe mit Spiralschlüssel und Rücker). Mein Exemplar war allerdings eine Diva. Flachheit hat wohl seinen Preis. Obwohl ich mir einbilde, meine Uhren pfleglich zu behandeln, kam es vor, daß beim Aufziehen das Räderwerk blockierte, oder auch schon mal das Werk am nächsten Morgen stehengebleiben war.


    Was spricht also gegen das in-house Kaliber 3120?


    - Der technische Anspruch?


    Der technische und materielle Aufwand beim 3210 ist nicht nur nicht geringer, sondern faktisch sogar größer. Außerdem befindet sich das Werk mit Datumkorrektur, längerer Gangreserve, höherer Schlagzahl, Sekundenzeiger und -stop auf dem aktuellen Stand. Aufgrund seiner üppigeren Bauhöhe mag es auch robuster sein (z.B. bds. gelagertes Federhaus kontra fliegend gelagertes Federhaus beim 2121). Eine präzise Unruhbrücke sowie eine frei schwingende Spirale nebst Unruhe mit variablem Trägheitsmoment gibt es noch dazu.


    - Die Exklusiviät? Das Alleinstellungsmerkmal?


    Auch hier bin ich im Zweifel, ob das 2121 exklusiver ist, zumal es ein Ebauche von JLC und auch in Modellen anderer Marken zu finden ist (erstaunlicherweise auch in der Ur-Nautilus, aber auch in anderen Uhren).



    -Die Historie, die nun mal das 2121 mit der Ur-RO verbindet?



    Mag sein...(aber dann darf man sich auch nicht für die amtierende Nautilus 5711 begeistern..)



    Dennoch: ich tendiere eher zur 15300 mit dem Kal. 3210. Das Gehäuse macht einen solideren Eindruck. Auch das Band einschl. Schließe ist objektiv besser. Gleichwohl die Uhr dicker ist als die letzte amtierende "Ur"-Ref. 15202, trägt es sich angenehm. Der große Preisunterschied ist zweifelsfrei in erster Linie marktstrategischen Überlegungen geschuldet. Die 15202 habe ich in den Auslagen der Konzessionäre annähernd genau so häufig finden können wie die 15300 (auf der Kö gleich 3 x im Abstand von 500 Metern). Die Uhr ist also nicht künstlich verknappt, gleichwohl sie gebraucht offenbar seltener zu haben ist, was tatsächlich auf eine geringere Stückzahl schließen läßt. Aber: Bei einem namhaften Juwelier liegt die Lieferzeit bei der 15202 bei nur 20 Werktagen. Wie das? Die Preisdifferenz zum Listenpreis beträgt bei der 15300 15,1 %, bei der 15202 14,6 % (also: minimaler Vorteil für die Ur-RO). Kürzlich ging bei ebay eine 15202 für knapp unter 10.000,- weg, eine 15300 für 8500,-, die erstere ungetragen, die zweitere im neuwertigen Zustand. Also offenbar kein wirklich nennenswerter Vorteil der 15202 in Bezug auf die Wertbeständigkeit.



    Zu guter letzt: Wer eine Ur-RO haben will, muß auch bei der 15202 Abstriche machen. Das Ziffernblatt mit den kurzen, nach innen gerückten Indices, welche das Ziffernblatt optisch kleiner erscheinen lassen, den überflüssigen arabischen Ziffern über den Indizes (wer kam bloß auf die Idee?), sowie dem eingerahmten Datumsfenster, enspricht nicht unbedingt den Tugenden und der reinen Lehre der klassischen RO, die diesbezüglich viel puristischer auftrat (nach dem Motto: weniger ist manchmal mehr).



    Was bleibt?



    Also dann doch zu einem alten Modell greifen, also zur wirklich und wahrhaftigen Ikone. Allerdings dann mit allen Konsequenzen (s.o.).



    Oder ist die 15300 doch eine Alternative??



    Ich glaube, ich habe meine Antwort gefunden.



    Gruß


    frater

  • Ich habe meine alte Jumbo BJ 1974 vor 7 Jahren von einem älteren Herren abgekauft, da leif die Uhr immer noch gut, nach Angabe des Herren ohne Revision, daher habe ich meine Schöne zur Revision gegeben und trage sie eigentlich viel zu oft und bei nahezu allem Tun, aber sie läuft und läuft und läuft und das ohne Abweichung ( soweit ohne Sekunde gut feststellbar) und bin einfach nur megafroh, mich damals für die original Jumbo entschieden habe, denn diese war es, die mich schon Mitte der 80 ziger elektrisiert hat und in mir das heftigste Must Have ausgelöst hat, welches ich je bei einer Uhr hatte und habe dies bis heute nie bereut. Sie wird mich auch bis zum Ende meiner Zeit begleiten. Also von meiner Seite her gibt es nur die Original Jumbo, die ist es und die bleibt es.
    Mir wäre die Ur also die erste Wahl aber letztendlich muss Du das ganz alleine mit Dir aus machen, ich wünsche jedenfalls viel Glück beim Suchen,


    Chrede :wink:

  • Ich denke, Montagsmöhren gibt es überall und von jedem Hersteller und oft sind es auch die Geschichten, in denen es um die Probleme geht, die ein Besitzer mal mit seiner Uhr hatte, die irgendwie die gefühlt größere Aufmerksamkeit erhalten. Und letztendlich ist es auch immer eine Frage des "artgerechten" Einsatzes der jeweiligen Uhr. Kein Mensch würde mit seinem Ferrari auf die Idee kommen, den Acker nebenan genauso wie die Waldwege in nächster Umgebung pflügen zu wollen, ebenso wie auch kaum ein stolzer Traktorenbesitzer sich den Highspeed-Ring in Nardo buchen würde.


    Ich für meinen Teil habe ausschließlich sehr sehr gute Erfahrungen mit AP-Werken, im konkreten Fall 2x das 3120 in der 15300 und der Diver, sowie noch das Modul-Chronowerk der ROO. Es gab nie ein Problem, weder mit der Gangreserve, noch mit der Ganggenauigkeit - immer alles bestens! Meine nächste wird das 2121 in sich bergen und ich kann es kaum erwarten, die Uhr endlich zu bekommen. Hinzu kommen all die Punkte, die Du vorhin schon zur 15202 aufgeführt hast (näher am Klassiker, flacher, trotzdem exklusiver, und und und...). Viel Glück beim Suchen und der (wohl schon getroffenen?) Entscheidung Taten folgen lassen!

  • Ich glaube, ich habe meine Antwort gefunden.


    Da Du das ganze für Dich ja schon sehr ausführlich analysiert hast, denke ich dass diese Entscheidung für die 15300
    vollkommen richtig ist. Insbesondere auch, da Dir der etwas "modernere" Auftritt" ja auch gefällt.


    Insofern kann man sich eine Abwägung der Modelle "gegeneinander" eigentlich sparen - mach es einfach so.


    Eines möchte ich jedoch hinzufügen:


    Ich empfinde den Sekundenzeiger aufgrund seines vollkommen überdimensionierten "Gegengewichtes" (oder was
    auch immer das darstellen mag - das "dicke" untere Ende) als extrem störend - nicht den Sekundenzeiger als solches.


    Guck Dir einfach mal Fotos an. Sehr oft hat man beim ersten Hinsehen den Eindruck, die Uhr hätte twei Stundenzeiger
    bzw. fragt sich, welches ist der Stundenzeiger. Habe nie begriffen, warum man nicht einfach einen "normlen" Sekundenzeiger
    verbaut hat.


    Wenn das für Dich ok ist - warum also nicht die 15300, insbesondere, da Du ja auch die designteschnischen Fehlgriffe
    der 15202 beschrieben hast (und sie auch als solche empfindest.


    Anmerken muss man aber noch, dass Du immer die "vorletzte" 15202 heranziehst und nicht das neue Modell.


    Gruß


    Stephan

  • Stephan hat recht.



    Die 15202 hat wohl einen Nachfolger gefunden, dessen "Antlitz" an die alten Tugenden erinnert.


    Dennoch: der Preisunterschied zur 15300 (Nachfolger: 15400, die aber aufgrund der Größe kaum noch komfortabel zu tragen ist, zumindest an meinem recht schlanken Handgelenk) ist gewaltig. Hier zählt wohl der Ikonenstatus. Schade nur, daß sich dies nicht in den Gebrauchtpreisen adäquat niederschlägt. Hier schmelzen die Unterschiede dahin. Da wird viel Geld verbrannt. Glücklich der, der eine Ur-RO besitzt und sie nicht mehr abgeben will. Da stellt sich dann auch nicht mehr die Frage nach dem Werterhalt.



    Und zweifellos: es gibt sicherlich Beispiele eines 2121, die jahrelang tadellos laufen mögen. Ich glaube aber nach wie vor, daß das Kal. 3210, rein technisch betrachtet, robuster sein dürfte, und dem Anspruch der Uhr, eine Sportuhr zu sein, gerechter wird.



    Aber klar: einen Ferrari steuert man nicht durch den Acker...



    Liebe Grüße


    Frater