Liebe IWC-Freunde,
ein weiteres Resultat meine jährlichen Schließfach-Inventur war ein genauerer Blick auf einen Schwerpunkt meiner kleinen IWC-Sammlung, die GST-Baureihe inkl. der nachfolgenden Aquatimer-Serie. Mit IWC verbindet man ja allgemein eher die Flieger- und Portugieser-Serien bzw. bei den klassischen Modellen die Ingenieure und die Porsche Design-Linien. Die GST-Baureihe ist da immer ein wenig zwischen Baum und Borke - zu Unrecht wie ich finde. Und deshalb - 10 Jahre nach dem Launch des Spitzenmodells dieser Serie - ein kleiner Überblick über die IWC GSTs. Dabei geht es nicht so sehr um eine vollständige Darstellung aller Modelle, sondern mehr einen Einblick in die Grundzüge der Linie und einen Vergleich von einfach (AT 2000) bis zu kompliziert (GST 3756 Ewiger Kalender).
Die Geschichte der IWC ist ja durchaus wechselvoll - nach Höhen in der Nachkriegszeit folgte der jähe Absturz in der Quarzkrise. Nur um dann, kurz vor dem drohenden Ende, doch noch den Turnaround zu schaffen. Entscheidend für die Wende zum Guten war die Kooperation mit Porsche Design und den daraus resultierenden Uhren. Zu Beginn die Kompassuhr und vor allem der kommerziell sehr erfolgreiche Titan-Chrono Ref. 3700. Es folgten eine Vielzahl von Modellen unter IWC-PD Co-Branding. Manche Klassiker (wie z.B. die Ocean 2000), aber auch viele "Brot-und-Butter"-Uhren, von denen die meisten heute vergessen sind (z.B. die Sportivo-Modelle). Sehr schlichtes Design, viel Titan, eher klein und nicht selten Quarz-Werke zeichnete die PD-Modelle in den 90er Jahren aus.
Für IWC war das Fluch und Segen zugleich: Einerseits wirtschaftlich durchaus erfolgreich und daher finanziell fast unverzichtbar; andererseits drohte die Marke "IWC" immer mehr an den Rand gedrückt zu werden und die Eigenständigkeit zu verlieren. Deshalb versuchte man, neben den dominierenden PD-Modellen auch mit den eigenen Produktlinien zu punkten. Erste Erfolge gelangen mit der Da Vinci, insbesondere in Kombination mit dem neuentwickelten Ewigen Kalender von Kurt Klaus. Dann wurden die Fliegeruhren wiederbelebt, seit Anfang der 90er auch wieder mechanisch, es folgte Anfang der 90er Jahre ein Neuaufbau der Portugieser-Linie. Und schließlich fiel die Entscheidung zu einer Beendigung der Kooperation zwischen FA Porsche und IWC. Insbesondere für IWC durchaus riskant, musste doch nun eine wesentliche Lücke in der Modellpalette geschlossen werden.
Im Jahr 1997 galt es dann, diesen Wechsel mit aller Kraft zu stemmen. Diese Konzentration führte sogar dazu, dass es in diesem Jahr nicht einmal den üblichen Sammelband gab (was ich übrigens erst nach jahrelangem vergeblichen Suchen herausgefunden habe...) - denn die Neuheiten waren zu Anfang des Jahres noch gar nicht fertig. Der Launch der neuen Sportuhren-Serie war dann auch eher ungewöhnlich: Nicht auf den Traditionsmessen in der Schweiz, sondern Anfang September 1997 auf der Uhrenmesse im italienischen Vicenza wurden die GST-Uhren der Öffentlichkeit vorgestellt. Wobei man erwähnen sollte, dass Italien (zusammen mit DACH) damals der wichtigste Markt für IWC war - erinnert sich ja heute keiner mehr dran...
Als "Beginn einer neuen Zeitrechnung" wird das im Sammelband 1998 bezeichnet und in der Watch aus dem September 1997 wird die Intention deutlich: "IWC by IWC". Der Name "GST" war eine eher spröde Ableitung aus den verwendeten Materialien, Gold, Stahl und Titan - wobei der Anteil der Golduhren immer verschwindend gering blieb und nur wenige Modelle (die Chronos der ersten Generation, IWC Alarm) überhaupt in Gold erhältlich waren. Titan blieb aber ein wichtiger Bestandteil und war für alle folgenden Modelle eine Option.
Das Ankermodell der Baureihe waren dabei die Chronos, in der ersten Generation also der GST Chronograph 3707, den es in 4 Varianten gab (Stahl/schwarzes ZB, Stahl/weißes ZB, Titan/schwarzes ZB und Gold/weißes ZB Ref. 9277), rund 39,6mm im Durchmesser und einem überarbeiteten VJ 7750 als Werk. Dazu kam noch die "Damengröße" mit 36mm als Ref. 3727, die noch ein Kaliber 631 beinhaltete (also ein Hybridwerk mit quarzgesteuertem Schrittmotor und mechanischem Chrono).
Es folgten dann bis zur vollen Markteinführung 1998 noch die IWC GST Automatic Alarm Ref. 3537, deren Werk auf dem JLC Wecker 916 basierte (es wurde keine Tonfeder verbaut) und einer der neuen "Klassiker", die GST Aquatimer Ref. 3536:
Die GST Aquatimer ist insofern untypisch für die Modellreihe, als sie als einzige über eine äußere Lünette verfügt - alle anderen Modelle haben die typische, innenliegende Lünette. Neben der Lünette sind insbesondere das Gehäuse und das Band die herausragenden Merkmale der GST-Reihe - und begründeten damit ganz entscheidend den exzellenten Ruf von IWC im Gehäusebau. Bis heute wird auch die Schnellverstellung des Bandes verwendet, die damals eine wesentliche Innovation war.
Nach diesem Start fügte IWC nach und nach weitere Komplikationen hinzu. Es folgten Ikonen wie die Deep One, 2001 dann die Doppelchronos und der Ewige Kalender. Im Jahr 2004 kam es dann zu einem Generationenwechsel: Im Zuge der neuen Struktur der Modellfamilien wurde aus den GST-Uhren die "Aquatimer"-Serie, benannt nach dem Klassiker von 1968. Und vielleicht auch ein etwas griffigerer Name als das kühle "GST". Mit dem Modellwechsel verschwanden die Komplikationen, es blieben die einfachen Dreizeiger und Chronos, ab und an ergänzt um eine Cousteau-Sonderausgabe. Ein besonderes Modell gab es jedoch noch: die Split Minute, die 2004 zunächst als "Minute Memory" lanciert wurde. Eine Abwandlung des Doppelchrono-Mechanismus auf die Minute - eine überaus seltene Komplikation bis heute.
Mit dem Modellwechsel 2009 gingen wesentliche Design-Merkmale der GST-Reihe verloren, am auffälligsten die innenliegenden Lünetten. Guckt man sich Band und Gehäuse an, sieht man aber dennoch die ursprünglichen Wurzeln.
Nach so viel Text wird es Zeit für ein paar Bilder. Ich habe mich für einen Vergleich von "einfach bis kompliziert" entschieden - vom Dreizeiger zum Ewigen Kalender: