Kleiner Bericht über mein Praktikum bei Uhrensteinschleiferin Gisela Gocht

  • Nun also war ich zu einem Minipraktikum in Glashütte bei der pensionierten Uhrensteinschleiferin
    Gisela Gocht.


    Sie ist seit Anfang der 90iger Jahre im Ruhestand, hat aber noch ihre Werkstatt (zumindest zu Schauzwecken)
    und ist eben - so makaber wie es klingt - eine der letzten Uhrensteinschleifer, die noch lebt und ihr Handwerk
    "kann".
    Mit 82 Jahren lassen natürlich stark die Augen nach, dies ist auch der Grund, warum sie nun quasi
    gar nicht mehr an ihren Steinen arbeiten kann.


    Ich habe sie einen Tag lang besucht und sie hat mir mehrere Stunden lang erklärt, was sie von ihrem Vater
    Willy Richter schon kurz nach dem Krieg gelernt hat.
    Seit ca 1946 ist sie nun Uhrensteinschleiferin in Glashütte gewesen, wie sie mir sagt, war sie schon damals
    die einzige, die Steine "komplett" von Hand fertigte.
    Es mag auf den ersten Blick ein relativ einfaches Gebiet sein, da man relativ wenig Werkzeuge benötigt
    (im Vergleich zu dem 10000000 Werkzeugen eines Uhrmachers), aber dennoch ist der Beruf des
    Uhrensteinschleifers ein wirklich schwieriger Beruf, der sehr viel Geduld und Liebe dazu vorraussetzt.
    Wenn man am Morgen aufsteht oder gerade die Kinder von der Schule abgeholt hat, kann es sein, dass man keinen
    einzigen Stein hinbekommt, so sagte Frau Gocht und das kann man ihr glauben!!


    Definitiv werde ich, solange Frau Gocht noch kann, im Sommer nocheinmal nach Glashütte fahren und dann
    eine Woche lang intensiv Steine schleifen.
    Mancher mag nach dem Sinn fragen, da in heutiger Zeit die Steine wesentlich wirtschaftlicher hergestellt werden können,
    aber eben dieser Beruf ist nach Frau Gocht quasi schon jetzt ausgestorben, aber ich will wenigstens einen kleinen Teil
    dessen bewahren, was sie über Jahrzehnte gemacht hat.
    Mir kommt es weniger darauf an, ein Spezialist in Sachen Uhrensteine schleifen zu werden, sondern eben die Techniken zu
    bewahren, die nach Frau Gocht definitiv nicht mehr da sein werden.


    Hier mal ein paar kleine Ausschnitte, was ich erlebt habe:



    Rubine


    Diamantsplitter


    das bekannte Zehntelmaß


    Stein wird bearbeitet


    polierter und unpolierter Stein


    "fast" fertige Lagersteine


    Foto mit Frau Gocht

  • Hallo,
    ich habe irgendwo mal einen Bericht,im Zusammenhang mit Glashütte,gesehen,
    dort wurde die Arbeit der alten Dame kurz beschrieben.
    Ich fand es damals schon beeindruckend.
    Hut ab :respekt: :verneig:
    Gruß Klaus

  • Einfach toll, das es sowas noch gibt. Leider hast Du Recht damit, das die Steine wesentlich billiger zu haben sind, und der Beruf wohl keine allzu grosse Zukunft hat. Trotzdem, Respekt an die Junge Dame, das sie noch mit solcher Begeisterung anderen Ihr Handwerk zeigt.

  • Ganz großes Kino Andre´! :gut::gut::gut::gut::blume:


    Die Frau Gocht lässt nicht jeden in Ihre Werkstatt,mit Ihren über 80 Jahren hat sie die nase von Uhren voll. :lol:
    Aber Du hast echt ein gutes Gespür für sie gehabt und bist einer ganz besonderen Ehre zuteil geworden. :gut:


    Ihr müsst wissen in Glashütte und Umgebung gibt es noch ein paar Leute,die von der interessanten Zeit aus Glashütte
    erzählen können. :lupe:


    Weiter so,
    auf das Du noch den Schwarzwald mal unsicher machst. :G

  • wer ist wer auf dem letzten bild? :G


    nee, spass beiseite, das war ein klasse bericht!
    du hättest vielleicht noch für nichtkenner der materie einen grössenvergleich posten können, nicht jeder hat die masse eines lagersteines im kopf!


    ich freue mich schon auf teil 2, wenn das im sommer klappt! :gut:

    Grüße - Gerd... :wink:


    Sascha, Unvergessen!:blume:


    Kein Instagram, kein Facebook. Kein TikTok, kein anderes Gedöns, das ist ja wie ein Gefängnisausbruch! Herrlich!

  • Danke für's mitnehmen und Respekt für dein Engagement. Schön das Frau Gocht, Dir und damit uns solche Einblicke gewährt,
    und somit ein Teil der leider wahrscheinlich bald vergessenen Handwerkskunst in Erinnerung bleibt.


    Ich fand das super interessant und eine Bereicherung für die Lounge. :gut:

  • Danke fürs Mitnehmen. Respekt vor der alten Dame. Mögen ihr noch viele Jahre beschieden sein.


    Was Du beschreibst, ist leider nicht nur bei seltenen Berufen der Fall. Das zieht sich durch fast alle Gewerke. Nicht immer gleich das Verschwinden eines kompletten Berufsstandes. Aber oft das Vergessen traditioneller Techniken der Handwerkskunst.

  • Das hab ich gar nicht gefragt, da sie eh nix mehr aktiv macht um ihre Augen auch nicht mehr
    richtig mitspielen.
    Aber ich werde sie mal fragen, was es damals gekostet hat, wäre ja mal interessant.
    Sie hat ja schon früher nur Sonderserien angefertigt, alles andere wäre undenkbar.