Projekt: Zerlegung (und Zusammensetzung?) einer defekten Ruhla

  • HalliHallo,


    ich schon wieder. Einige haben es ja vielleicht hier Wie geht die Alte auf? schon mitbekommen, dass ich eine alte Ruhla zerlegen möchte (und - als Fernziel - raparieren). Die Uhr hat mindestens einen Defekt in der Zeigerstellung. Da ich den Rückdeckel ja mit Eurer Hilfe aufbekommen habe, dachte ich, ich mach für die Zerlegung einen neuen Thread auf, die Überschrift des alten Thread war etwas - ehhh - unspezifisch :) .


    Zur Einleitung und der Vollständigkeit halber stelle ich nochmal kurz die Uhr vor, hier die Vorderseite:


    Hier das Werk:


    Bei 1 sieht man übrigens die Schraube, die man drehen muss, um die Aufzugswelle zu entfernen.


    OK, ich habe die Zerlegung noch ein wenig voran getrieben. Die Bilder kommen gleich. Eines kann ich jedenfalls jetzt schon verspechen. So blechern die olle Ruhla auch ist, das Werk birgt (zumindest für einen Anfänger wie mich) so einige Überraschungen, es ist anders als so manch anderes Werk aufgebaut! Seid gespannt und aboniert diesen Kanal! Es lohnt sich! :)

  • Als erstes habe ich die Aufzugswelle und den Werkhalter entfernt, das war nicht so schwer:


    Dann die Zeiger ab, was sonst :G :


    OK, dann muss das Ziffernblatt runter. Wie geht das hier? Habe mir lange das Werk angesehen, und bin dann zu der Erkenntnis gekommen, dass das Ziffernblatt zwei Stifte hat, die durch die Platine gehen, und auf der anderen Seite von zwei kleinen Federn gehalten werden. Da kommt gleich die erste böse Überraschung für mich :(


    Hier Feder Nummer 1 (rot), die ist OK:


    Aber an Feder Nummer 2 ist hinten ein Stück abgebrochen (nein, war ich echt nicht!):


    Tja, was soll ich machen? Habe dann irgendwie beide Federn gezogen. Ob ich die wieder rein bekomme? Keine Ahnung. Ich habe dann das abgebrochene Stück sogar IM WERK gefunden, hier die Teile, links die ganze Feder, rechts die kaputte mit dem Bruchstück:


    So, jetzt geht das Ziffernblatt ab, darunter ist der Datumsring:


    Und jetzt den Datumsring runternehmen:


    Dieses Zeigerstellwerk ist -zumindest für mich - etwas ganz neues. Normalerweise kenne ich das so, dass auf der Aufzugswelle ein Schiebetrieb liegt, mit Wippe und Wippenfeder etc. Ich glaube, hier ist das anders gelöst. Aber der Reihe nach, hier ein Bild:


    Was erkennen wir hier?
    1 ist die Feder, die den Datumsring an die richtige Stelle drückt.
    Das Stundenrad (2) hat hier ZWEI Zahnringe. Der eine, obere, greift in ein weisses Zahnrad (3), welches das Datum schaltet. Links unterhalb der 3 kann man den Schalthebel sehen (etwas unscharf).
    Grün eingekreist habe ich den Aufzugstrieb. Wenn mich nicht alles täuscht, wird der bei der Ruhle aber IMMER über die Aufzugswelle angetrieben, der Schiebetrieb fehlt! Der Aufzugstrieb treibt ein Rad bei 4 an (unter der grossen Schraube). Das große graue Platikteil ist eine Art Wippe. Ober- und Unterhalb von 4 sind noch zwei Zahnräder, die entweder das Werk aufziehen (bei 6, man beachte, dass 6 NICHT in das weisse Zahnrad eingreift, sondern darunter in das Federhaus!) oder die Zeiger stellen bei 7 (auf dem Bild nicht eingerastet).
    Bei 8 ist eine Feder, welche diese "Wippe" zurück drückt. Diese "Wippe" wird über den Hebel 5, der auf der Aufzugswelle aufliegt, bewegt.
    ALSO NOCHMAL: je nach Stand der Aufzugswelle wird entweder das Werk aufgezogen (6), oder die Zeiger gestellt (7).


    Bei 9 sieht man den Anker. Ein Stiftanker, oder?


    Nun ja, dieser Aufbau war für mich jedenfalls eine Überraschung, ich musste lange grübeln und probieren, hoffentlich stimmt es auch so :G .


    Weiter geht es dann bald!

  • Irgendwann (nicht heute) will ich ja weitermachen, und da muss ich die Uhr enspannen. Na ja, OK, wahrscheinlich werde ich sie einfach auslaufen lassen. Trotzdem die dumme Frage: wo ist bei diesem Werk der Click?


    Ich habe dann laange mit der Lupe gesucht, und ich habe ihn, glaube ich, gefunden:


    Es müsste dieser schwarze Hebel/Feder sein, oder? Wahrscheinlich kann man an dem runden Ende ziehen, um das Federhaus zu entspannt. Eigentlich recht servicefreundlich gemacht :)
    Links neben dem Click sieht man die Zahnräder vom Federhaus, rechts die Unruhe.

  • Leute, Leute, kann sein, dass das hier ein kurzer Thread wird.


    Nachdem ich eben mit der Ruhla rumgespielt habe, fiel mir auf, dass der Defekt weg war: ich konnte das Werk aufziehen, und auch die Zeiger stellen!


    Dann habe ich das Werk mal provisorisch ins Gehäuse eingebaut. Dann war der Defekt zunächst plötzlich wieder da :( Ich habe dann ein wenig mit der Aufzugswelle rumgespielt, und plötzlich ging es! Ich nehme an, dass der kleine blaue Hebel (Nummer 5 in dem Bild oben) an die richtige Stelle auf der Welle gerutsch ist, dann geht's!


    Tja, was jetzt? Trotzdem weiter zerlegen? Oder beobachten und wieder zusammensetzen, wenn alles läuft?
    Ich weiss nicht, mal sehen. Auf der einen Seite würde ich mir schon mal gerne die Ruhla ganz von innen ansehen (einen kleinen Einblick haben wir ja schon). Auf der anderen Seite ist eine laufende Uhr auch was Feines, und meine Fähigkeiten sind ja begrenzt. :G


    Zudem habe ich da noch zwei WIRLICH alte und defekte Schätzchen, eine russischen Damenarmbanduhr (Kim oder so), und eine uralte Anker. An diesen beiden Uhren funzt echt NICHTS! mehr, da kann ich gar nichts verschlimmern!
    Mit denen könnte ich ja weiter machen, falls die Ruhla jetzt stabil fehlerfrei bleiben sollte.


    Was meint Ihr, russische DAU oder die Anker HAU? Soviel kann ich jetzt schon mal verraten: die Russin hat (auf den ersten Blick) eher ein konventionelles, klassisches Werk. Über die Anker staune ich.

  • Wenn die Winkelhebelschraube vernünftig festgeschraubt ist,dann solte der Aufzug auch vernüftig gehen.
    Also schraube mal die Winkelhebelschraube ordentlich fest.
    Nun wenn Du die Uhr auch benutzen willst muss sie schon vernünftig gereinigt und geölt werrden. :lupe:


    Ich würde an deiner Stelle mir erst mal etwas zu Uhrentechnik anschauen und mich auch einlesen,
    dann kannst Du gezielter vorgehen.


    Einfach drauf los schrauben,ist nicht der goldene Weg. ;)

  • Wenn die Winkelhebelschraube vernünftig festgeschraubt ist,dann solte der Aufzug auch vernüftig gehen.
    Also schraube mal die Winkelhebelschraube ordentlich fest.


    Das stimmt, jetzt funktioniert das Zeigerstellen ja auch.




    Ich würde an deiner Stelle mir erst mal etwas zu Uhrentechnik anschauen und mich auch einlesen,
    dann kannst Du gezielter vorgehen.


    Hast Recht, ich wollte mir jetzt mal ein Buch kaufen, evtl. "Learn watch repair at home", habe ich bei Amazon gesehen: http://www.amazon.de/Repair-Co…TF8&qid=1297755529&sr=8-2.


    Ansonsten kenne ich mich schon ein wenig aus, zumindest in der Theorie. Hatte aber bisher nur Uhrwerk zwischen den Fingern, die so dem "klassischen Aufbau" (was ich so klassisch nenne) entsprechen, eben Click+Sperrad+Kronrad sichtbar auf der Rückseite, darunter Federhaus, dann eine Brücke für Anker-, Sekunden- und Kleinbodenad. Darunter eine Brücke fürs Großbodenrad, und eine Brücke für den Anker, dann noch die Unruhe am Kloben.
    Dann Aufzugswelle mit Schiebe- und Aufzugstrieb, und auf der Zeigerseite die Aufzugskupplung mit Winkelhebelfeder, Winkelhebel, Wippe und Wippenfeder, dann noch Zeigerstellrad, Wechselrad, Minutenrohr, Stundenrad.


    Die Ruhla ist da schon etwas anders aufgebaut, obwohl man die Baugruppen sicher auch hier wiederfindet.
    Mal eine konkrete Frage zur Ruhla. Auf dem Bild oben mit den 9 Zahlen, da ist links neben der (1) eine Schraube mit blauer Unterlegscheibe. Darunter sitzt ja die Unruhe. Ist unter der Schraube irgendwie das Lager der Unruhe? Oder sitzt die Unruhe irgendwie auf der Schraube drauf? Kenne da sonst nur Steinlager.



    Einfach drauf los schrauben,ist nicht der goldene Weg. ;)


    Stimt auch, daher überlege ich, die Ruhla erstmal etwas zurück zu stellen, bis ich bessere Fähigkeiten (und besseres Werkzeug) habe, denn die Uhr läuft ja nun auch wieder.
    Wie gesagt, ich habe da eine alte Russin und eine alte Anker, die sind so dermaßen abgewrackt, dass ich da nichts verschlimmer kann, vielleicht sind das bessere Versuchsuhren für mich.

  • Steinlager? In so einem Ding? Ääääh - das ist billigster Uhrenbau - da kannst du nach Lagersteinen
    suchen bis du alt und grau bist :G


    Ein "Click" gibt es übrigens nicht, das heißt "Sperrklinke". ;)


    Tu dir doch einen Gefallen: Besorg dir ein Unitas (China oder Schweiz), an dem üb mal bis du ein wenig
    gespür fürs Demontieren und Montieren bekommst. Zerleg es meinetwegen 30 Mal, reinige es, montiere
    und schmiere es, stell es ein.


    Im Moment machst du tendenziell eins: Du wäscht. Du solltest dir auch dringend Gedanken zu einem
    sinnvollen Vorgehen bezüglich des Zerlegens und der Fehlersuche machen. Da kommen nämlich gewaltige
    Probleme auf dich zu wenn du mal mit Uhren zu tun hast deren Wert nicht mehr im maximal zweistelligen
    Eurobereich ist.


    Ich will dir keinen Dämpfer verpassen, aber ich sehe das nunmal doch etwas kritischer. ;)


  • Ein "Click" gibt es übrigens nicht, das heißt "Sperrklinke". ;)


    Ahh, sorry, Click ist der englische Ausdruck. Ich lese viel im Internet, da geht sowas kreuz und quer. Click kann ich mir irgendwie gut merken :)



    Keine Sorge Bernd, ich sehe das im Grunde genommen genau so wie Du. Ob ich jemals wirklich hochwertige Werke zerlegen werde weiss ich noch gar nicht, mal sehen, selbst so ein Unitas finde ich schon teuer, und übe daher im moment an diesen gaaaanz billigen, teilweise kaputten Werken von Ebay. Vielleicht nicht die allerbesten Übungsobjekte, dafür aber - was? - billig :)


    Was ich noch gar nicht gut kann ist ölen. Ausserdem fehlt mir der souveräne Umgang mit den wirklich kleinen Teilen, den Stosssicherungen. Na, da muss ich noch einiges tun, auch etwas besseres und umfangreicheres Werkzeug fehlt mir, da bin ich gerade in der Planungsphase. Na, mal sehen, was noch kommt :G


    Zur Fehlersuche habe ich mir - ganz primitiv - folgende Gedanken gemacht:
    Erst Uhr auseinanderbauen und reinigen, dann das Räderwerk mit Federhaus (ohne Anker) wieder aufbauen. Jetzt kann man das Federhaus drehen und sehen, ob sich alle Räder drehen.
    Dann kann man das Sperrad mit Sperrklinke wieder aufbauen, am Sperrad drehen und sehen, ob das Federhaus sich aufzieht (nur ein wenig).
    Ist alles OK, Anker rein. Den Anker nach links und rechts schieben und sehen, ob das Räderwerk sich mit dreht.
    Dann die Unruhe rein, gucken ob die in den Lagern läuft, und das Werk ein wenig aufziehen. Jetzt müsste das Werk laufen. Die Spirale begutachten, ob Windungen verklebt sind. Zudem die Spirale im stehenden Zustand auf Symmetrie begutachten. Wenn nicht symmetrisch, dann richten. (Wie? Das weiss ich nicht wirklich).


    Auf der Ziffernblattseite die einzelnen Baugruppen aufbauen und testen.


    Ist die Uhr zusammengesetzt, dann ab auf die Zeitwaage und die Genauigkeit und den Abfall checken. Genauigkeit am Rücker, Abfall am Klötzchenträger korrigieren.


    Na ja, so stelle ich mir in meinem jugendlichen Leichtsinn und in der Theorie die Fehlersuche bei einem ganz einfachen Werk (ohne Komplikationen) vor. :lupe:

  • Dein Vorgehen bei der Fehlersuche beinhaltet einen fundamentalen Fehler ;)


    - Fehlersuche geschieht während der Demontage


    Gesichtete Fehler werden vor der Reinigung behoben. Außer z.B. wenn dynamisch ausgewuchtet
    wird, ist es in der Regel so, dass das reparierte Werke nach der Reinigung montiert, geschmiert,
    entmagnetisiert und reguliert wird.


    Du musst bedenken: Wenn du die Fehler erst suchst wenn das Werk sauber ist, dann ist danach
    (wenn du wirklich etwas daran machen musst) garantiert nicht mehr ganz so sauber ;)

  • Dein Vorgehen bei der Fehlersuche beinhaltet einen fundamentalen Fehler ;)


    - Fehlersuche geschieht während der Demontage


    Bernd, Du hast absolut recht, jetzt leuchtet es selbst mir ein, schon bei der Demontage die Fehler zu suchen. Das zeigt wieder, das man auf so manchen fundamentalen Gedanken einfach selber nicht kommt, umso mehr brauchen die Anfänger die Tips der Experten!


    Ich habe mit diesen alten "Wegwerfuhren" (sie tun mir alle Leid), die ich bisher so auseinander nehme, sowieso ein generelles Problem: es gibt keine Ersatzteile, jeder Fehler meinerseits führt zum Tod der Uhr. Seitdem ich mir darüber im Klaren bin (selbst darauf muss man kommen), zittern meine Hände noch ein wenig mehr, echt kontraproduktiv, aber da muss ich durch!

  • Hallo HiJoe ich bin begeistert dich auf deinem Ausbildungsweg zum Jedi beobachten zu können. :gut:
    Weiter viel Erfolg und eine ruhige Hand.
    War da an der Ruhla nicht noch so eine elektrische Unruh Steuerung? :idee:
    Ist dir was aufgefallen, hast du was entdeckt? :lupe:


    Gruss aus Essen :blume::blume:

  • Moin HiJoe,


    ich muss da schon unnamed zustimmen. Vorallem kosten die Seagull 36xx Werke schlappe 36 Euro.


    Kannst dann ja auch mal üben die Sekundenwelle zu kürzen und die ordentlich zu entgraten und zu schleifen damit es ordentlich ist.


    Außerdem ist das UNITAS(nachbau) auch großer und leichter zugänglich.


    Viele Grüße
    Nico


  • War da an der Ruhla nicht noch so eine elektrische Unruh Steuerung? :idee:
    Ist dir was aufgefallen, hast du was entdeckt? :lupe:


    Hallo Rüdiger,


    nein, ich kann nichts elekronisches in der Ruhla entdecken. Ich denke, dass Chronometerhemmung recht hat, dass die Uhr nur elektronisch getestet und justiert wurde. Sie selber ist aber 100% mechanisch.