Liebe Uhrenfreunde,
in regelmäßigen Abständen findet man in Foren "Welche Uhr für XXXX Euro"-Threads, wo die EINE Traumuhr für das vorgegebene Budget gefragt ist. Immer eine nette Spielerei - bis es dann mal ernst wird...
Es gab einen passenden Anlass, der nach einer würdigen Erinnerung verlangte. Und es sollte etwas "Besonderes" sein. Das Budget war zwar nicht unendlich, aber ein wenig hatte ich mir auch durch Abgänge freigeschaufelt (und natürlich wird jetzt in Zukunft wieder kräftig gespart 
). So begann die Suche: Ein Blick in die Box ergab wenig erkennbare Lücken, außer im Bereich der "richtigen" Komplikationen. Ein Ewiger wie z.B. die IWC GST 3756? Oder gar eine JLC Master Grand Reveil? Sehr reizvoll, aber dann bräuchte es auch einen Uhrenbeweger und das bringt mehr Ärger mit der besseren Hälfte, als verträglich wäre. Oder lieber einen echten Vintage-Kracher? In Richtung Polaris oder 1832? Hätte auch was, aber sowas lässt sich leider nur schwer planen und hektisch darf man da nicht werden. Oder doch lieber etwas ganz einfaches?
Ich habe immer schon ein Faible für ganz schlichte Uhren gehabt, angefangen mit einer Nomos Orion, IWC Portofino, bis hin zu ambitionierteren Werken wie GO Senator oder JLC Ultra Thin. Schlicht, weiß, Stahl, kein Datum, gerne auch nur zwei Zeiger. Für manchen gerade im Vergleich zu heutige oft recht "radauige" Uhren langweilig - aber gerade die Reduktion ist viel schwerer als man denkt.
Nur: was kommt da in Frage? Die vom Preis-Leistungs-Verhältnis vielleicht perfekte Uhr hatte ich schon, die JLC Ultra Thin - allerdings hatte sie einen kleinen Makel: Die Größe ist mit 34mm zwar noch tragbar, aber eigentlich nur zu ganz besonderen Anlässen. Aber die Richtung stimmte und bei solchen "Einsteigeruhren" kamen auch die "Großen" Manufakturen ins Blickfeld: AP ist bei den dressigen Uhren nicht so präsent, also nein. ALS hat wunderschöne Werke, aber das Design ist mir immer etwas zu barock, auch eher nicht. Ein natürlicher Kandidat: Patek, insbesondere die Handaufzugs-Calatravas. Nicht schlecht, gerade in Weißgold - aber immer noch etwas zu konservativ, zudem schon bei einem Kollegen am Arm. Und dann kam mein Stamm-Konzi mit etwas ganz anderem um die Ecke: Vacheron Constantin Patrimony Contemporaine 81180. Gesehen, verliebt 
.
Vacheron ist ja immer so ein wenig der Außenseiter bei den "großen" Manufakturen, vermutlich weil ein eingeführtes Renner-Modell als Gesicht der Marke fehlt. Zudem hat die Manufaktur eine bewegte Geschichte hinter sich: In den (Vor-)Kriegszeiten ins Taumeln geraten, war VC jahrzehntelang im Besitz der JLC-Eigentümerfamilie. Dies erklärt auch die sehr enge Verzahnung beider Marken - JLC diente in weiten Teilen als Lieferant für Ebauches, ebenso wie bei AP (die wiederum bis zur Übernahme des Anteils durch Richemont 40% an JLC hielten). Und so liefen Meilensteine der Uhrengeschichte wie z.B. die Ultra Thins mit dem Kaliber 1003, oder die Nautilus oder die Royal Oak mit JLC-Werken vom Stapel. Im Zuge der Quartzkrise kam es zur Trennung von JLC und Vacheron und VC geriet an diverse Eigner, die der Marke nicht übermäßig gut taten. Die Erlösung kam dann 1997 durch die Aufnahme in den Vendome (heute Richemont)-Konzern. Es wurde wieder investiert und insbesondere die eigene Manufaktur wieder aus den Trümmern geholt.
2001 kam dann als erstes "echtes" Manufakturkaliber der Moderne von VC das Kaliber 1400 auf den Markt, das auch in der Patrimony tickt. Um vielfältig einsetzbar zu sein, ist das Werk flach und ziemlich klein - einen Sichtboden spart man sich daher besser. Auch wenn das Werk nicht nur die Genfer Punze trägt, sondern auch schön anzusehen ist. Ein paar Jahre später im Zuge des 250jährigen Jubiläums wurde die Patrimony Contemporaine-Reihe lanciert. Wie es der Name sagt - die klassische Ultra Thin-Tradition in einem modernen Gewand. Das lässt sich zum einen an der Größe festmachen - 40mm Durchmesser sind sicherlich die obere Grenze in diesem Bereich. Und zum anderen am Design. Für mich die schönste Ultra Thin am Markt (neben der Gelbgold-Variante).
Mit 6,7mm Höhe nicht mehr ganz so flach wie die Vorgänger, dafür am Arm wunderbar tragbar. Gerade das konkav geschwungene Gehäuse sorgt für einen perfekten Sitz.
Die Uhr kann man leider (zumindest mit begrenztem Licht bzw. Talent) nicht wirklich angemessen fotografieren - die muss man sich an den Arm legen. Trotzdem natürlich ein paar Bilder meiner ersten aus Genf:
Gruß,
Christian
